Mittwoch, 28. Januar 2009

Gauner - In Wirklichkeit Träumer



Gauner – das ist der Name eines der am längsten aktiven Rapper im Berliner Rap-Zirkus. Wer dabei aber gleich an das Klischee denkt, welches auf Rap der Berliner Machart lastet, der wird schon nach kurzem Hören feststellen, dass hier jemand einen anderen Weg einschlug und das zu einer Zeit, in der die meisten Rapper der heutigen Generation noch gar nicht aktiv waren.

Eine Zeit also, in der echtes Können und Talent noch mehr wert waren als inhaltslose Images und Möchtegerngetue. So verfügt Gauner nicht nur über außerordentliche Freestyle-Fähigkeiten, sondern schafft es auch qualitativ hochwertige Lines auf Papier zu bringen. Wer sich mit Rap beschäftigt, der wird wissen, dass dies längst keine Selbstverständlichkeit ist.

Mit „In Wirklichkeit Träumer“, das bis dato letzte Album von Gauner, dessen Raplaufbahn bereits Anfang der 90er begann und sich mittlerweile auch dem Poetry Slam widmet, erschien im Januar 2007 ein Album, wie man es im Deutschen Rap nur selten findet. Clevere Texte, die den Hörer ansprechen, teils zum Nachdenken anregen und sich dabei nicht in eine der vielen bestehenden Schubladen stecken lassen.

Lieder wie „Aggression und Druck“, „Bergab geht’s schneller voran“ oder „Standbild (ft. Joel The Custodian & Kimoe)“, um nur ein paar zu nennen, sind hervorragende Beispiele für interessanten und intelligenten Rap auf klassisch gehaltenen Beats, die nicht langweilig, dafür aber zeitlos daher kommen. Somit haben die Lieder auch heute, gut zwei Jahre nach Veröffentlichung, nichts von ihrem Charakter und Reiz verloren und gehen auch heute noch gut ins Ohr.

Überhaupt ist das wohl das größte Plus, welches man „In Wirklichkeit Träumer“ zusprechen kann: zeitlose Musik. Das wird besonders deutlich, wenn man sich zwei der vielen Höhepunkte des Albums näher betrachtet:

Zum einen wäre da „Komische Menschen (ft. S-Rok)“, welches sich damit beschäftigt, dass sich jeder selbst als normal ansieht, während er seine Mitmenschen gerne mal als komisch abstempelt – ohne dabei auf die Idee zukommen, dass er auf diese wiederum womöglich einen ebenso komischen Eindruck macht. Normalität lässt sich eben nur schwer definieren.

Zum anderen „Vom Fischer und seiner Frau“, das eine ähnliche Moral beinhaltet wie das gleichnamige Märchen nach den Gebrüdern Grimm: Maßlosigkeit wird bestraft, so dass man am Ende mit leeren Händen dasteht. Gauner nahm sich dieses Märchen als Grundlage und baute darauf einen eindringlichen und kritischen Track auf, den man durchaus als Aufruf sehen kann, fortan bewusster zu leben. Ansonsten kann es durchaus sein, dass wir alle irgendwann einmal dastehen mit einem erschöpften und toten Planeten Erde.

Wie man mühelos feststellen kann, haben diese Themen auch heute noch etwas Aktuelles an sich und kommen kein bisschen altbacken daher. Im Gegenteil, vor allem das Thema Umwelt ist in den letzten Jahren mehr und mehr diskutiert worden, so dass der Text zu „Vom Fischer und seiner Frau“ auch erst gestern geschrieben worden sein könnte.

Fazit: Ein ausgezeichnetes Album, welches sich mit seinen intelligenten Texten wohl mehr an die reifere Schicht der Hörer richtet, welche hier jede Menge Interessantes in den insgesamt 24 Anspielpunkten entdecken kann. Den 08/15-MTV-Raphörer wird das möglicherweise nicht begeistern, aber vermutlich ist das auch gar nicht Gauners Anspruch. Er möchte einen erwachsenen Entwurf von Rap liefern und das gelingt ihm definitiv.

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