Freitag, 16. April 2010

Lil Wayne - Rebirth




Der beste Rapper, der noch unter uns weilt? Vielleicht. Vielleicht auch nicht. In jedem Falle jedoch ist es eine der schillerndsten Personen, die Hip Hop bis dahin gesehen hat. Souveränität, Eigensinn und das besondere Etwas, Lil Wayne hat viele Argumente, die Titulierungen wie den des personifizierten Erfolges zulassen. Wer ganz oben angekommen ist, hat jedoch auch viel zu verlieren. Die Geschichte bietet zahlreiche Beispiele, die vom tiefen Fall berichten. Lil Wayne scheint das reichlich egal zu sein und so entschied sich der 82iger-Jahrgang mit „Rebirth“ die E-Gitarre aus dem Schrank zu holen und einfach mal zu machen. Quasi der komplette Gegenentwurf zu einem Dr. Dre, welcher seit gefühlten Jahrzehnten an „Detox“ bastelt.

Wie die Künstlerfigur Lil Wayne selbst, darf man auch über dieses Vorgehen geteilter Meinung sein. Auf der einen Seite steht der Fakt, das zahlreiche große Momente der Musikgeschichte dem Zufall und dem spontanen Gefühl geschuldet sind. Auf der anderen der Umstand, dass gerade der Versuch zwischen Rap und Rock zu wandern, Tücken zur Genüge bietet. Hinzu kommt das Cover der CD, dass nicht gerade die Erwartungen ins Unermessliche steigen lässt. Ein schwer durchschaubares Machwerk also? Nicht ganz.

Wieso? Ganz einfach deshalb, da bereits nach spätestens zwei Tracks, „American Star“ und „Prom Queen“ deutlich wird, dass hier nicht allzu viel geht. Als habe der ausbleibende Erfolg der Singles, die konstant an Anklang verloren, nicht bereits genügend gesagt, beweist Lil Wayne hier auf Albumlänge, dass man sich auch als einer der ganz Großen zwar vieles, aber eben nicht alles erlauben kann. Oder vielmehr sollte. Blüht die persönliche Kreativität des Künstlers in einer Umgebung wie der von „Rebirth“ auf? Denkbar. Schafft man es dabei auch, die eigene Begeisterung für das ‚Neue‘ auf die Hörerschaft zu übertragen, ohne das Zwingende in der Musik zu verlieren? Mitnichten.

Die betitelte Wiedergeburt ist demnach ein reichlich schwachbrünstiger Entwurf von kreativen Ergüssen. Wo Jay-Z einst mit Linkin Park funktionierte, Run DMC mit Aerosmith, da strapaziert ein Lil Wayne die Hörer mit seinem Gekrächtze bereits auf herkömmliche Basis zur Genüge. Wenngleich er damit bei nicht wenigen noch als innovativ gilt und gefeiert wird. Hier dagegen, auf von E-Gitarren auf 08/15-Rock getrimmte Beats, schießt er sich selbst ins Abseits. Fehlt eigentlich nur Auto-Tune und fertig ist die Schweinerei. Oder aber das neu interpretieren eines alten Hits, hier Amy Hollands „She’s On Fire“, das man aus dem Film „Scarface“ kennt.

Als wäre dies nicht bereits genug, wird das Ganze garniert durch die fragwürdigen Features von Kevin Rudolph und Nicki Minaj, die wie Wayne auf standardisierten Instrumentalen dank eigenwilliger Stimme für gespaltene Meinungen sorgt. Einzig wirklich gelungenes Feature ist schon beim Studieren der Trackliste deutlich sichert – Eminem. Die mit ihm inszenierte Sause „Drop The World“ ist eine der wenigen (der Einzige?) Lichtblick des Albums und fährt neben einem altgewohnten Weezie auch einen Eminem auf, der mit seiner Performance zumindest kurzzeitig den Faktor Rap zurück ins Blickfeld rückt.

Sorry, aber hier passiert schlicht zu wenig. Der heftige und offenherzige Flirt mit Rock endet im Niemandsland und flopt ohne gänzlich zu versagen. Bietet für Rap-Freunde jedoch zu wenig Rap und, das behaupte ich einfach mal so ohne mich als Rock-Experte auszugeben, für E-Gitarren-Liebhaber zu viel Belangloses. Weder Fisch noch Fleisch, bleibt letztlich offen, wen genau das Endprodukt „Rebirth“ zufriedenstellen möchte. Klasse Rapper, schlechtes Album. Simple as that.
_________________________
Diese Rezension erschien ebenfalls auf HipHopHolic.de

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen