Sonntag, 21. August 2011

Tech N9ne - All 6's And 7's




Es gibt nur wenige Ausnahmeerscheinungen im Rapspiel, welches schon so ziemlich alles gesehen hat. Und vielleicht wäre es übertrieben, zu behaupten, dass Tech N9ne eine nie dagewesene Persönlichkeit ist. Doch Fakt ist, dass es nur wenig vergleichbare Charaktere gibt; technisch der Perfektion nahe, psychisch ein gefährlich guter Mix aus Genie und Wahnsinn, mit einem V8-Motor unter der Zunge ausgestattet, der es ihm erlaubt, in Höchstgeschwindigkeit mit Lines um sich zu werfen und vor allem mit einer klaren Vision, wie seine Musik klingen soll. Somit überrascht es auch nicht weiter, dass es kaum einen Rapper gibt, dem man in den letzten Jahren einen ähnlich starken Fortschritt attestieren konnte, als ihm. Zuletzt mit dem beeindruckend finsteren „K.O.D.“ am bisherigen Höhepunkt seiner Karriere angelangt, folgte mit „All 6′s and 7′s“ der nächste Streich des Königs der Dunkelheit.

Ebenso komplex wie die Person Tech N9ne selbst, war stets auch seine Musik. Vom klassischen Banger über selbst gesungene Hooks, die fast schon poppig wirken, bis hin zu aggressiv gespitteten Kampfansagen, die auch mal ins rockige Gefilde gehen, er beherrscht jede Disziplin erschreckend gut. Mit „Technicians“ wird beispielsweise auf eine an Spartaner erinnernde Hook aufgebaut, ergänzt durch die nahezu endlose Dichte von Techs Reimen, während „He’s A Mental Giant“ neben dem erneut fabelhaft auftrumpfenden Hausherren vor allem der unglaubliche Beat begeistert, bei dem nicht zuletzt der gekonnte Sample-Einbau seinen Anteil daran hat. Und mit „Worldwide Choppers“ wird auch wieder an die ‘Midwest Choppers’-Chronik angeknüpft, dieses Mal unter anderem mit dem Türken Ceza, Yelawolf, Twista und Busta Rhymes. Sehr gut.

Dass sich Tech N9ne auch nach etlichen Veröffentlichungen immer noch traut, neue Wege einzugehen, beweist er auch dieses Mal, indem er mit „Fuck Food“ einfach mal Lil Wayne und T-Pain zum Brunch einlädt. Die dabei anfängliche Skepsis ob der funktionierenden Chemie gehört schnell der Vergangenheit an. Nicht weniger interessant sind die Features mit E-40 und Snoop Dogg auf „Pronographic“ bzw. Jay Rock auf „You Owe Like Pookie“, sowie das vom Rock inspirierte „So Lonely“, das jedoch, entgegen vieler fehlgeschlagener Versuche von Kollegen, Rock mit Rap zu verbinden, sehr gut funktioniert. Insgesamt muss man jedoch festhalten, dass das Album weit weniger finster daher kommt, als das bedrückende „K.O.D.“. Gleich geblieben ist jedoch das wunderschöne Digipak.

Tech N9ne hält auch 2011 weiter an seiner Marschrichtung fest und feilt fleißig weiter an seinem Sound, der sein Wesen wiedergibt und damit persönlicher ist, als vieles, was von Kollegen veröffentlicht wird. Vielseitig, technisch brillant und zwischen schrill und bodenständig agierend, ist „All 6′s and 7′s“ ein wirklich beeindruckendes Werk, dass das mit vorherigen Release gesetzte Qualitätsniveau weiter gehalten wird. Wer ihn bereits kennt, wird ihn auch hierfür lieben, wer ihn bis dato versäumt hat, sollte dies schleunigst nachholen und sich dem wahnwitzigen Geiste des Aaron Yates öffnen. Man wird es im Regelfall nicht bereuen.
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Diese Rezension wurde ebenfalls auf HipHopHolic.de veröffentlicht.

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