Freitag, 25. Februar 2011

Bo Flower - Flo Bauer



Wir schreiben das Jahr 2005 und der Markt für Klingeltöne befindet sich auf seinem Zenit. Die Werbungen, insbesondere auf den gängigen Musiksendern, sind voll mit nervigen Anbiederungen, allen voran ein kleines, gelbes Küken. Den Hals voll von eben diesem, veröffentlicht der in Hamburg ansässige Bo Flower „Tötet Sw***ty“ und gelangt damit überregional zu Aufmerksamkeit. Dass dieser bereits 1996 mit Rappen begann, bereits 2004 ein Download-Album veröffentlichte und auch über das Jahr 2005 hinweg aktiv war, wissen dagegen nur die Wenigsten. Stolze 6 Jahre sind mittlerweile verstrichen und mit „Flo Bauer“ erscheint nun das dritte Album in seiner Diskographie, schlicht nach sich selbst betitelt und 12 Stücke umfassend.

Und wo andere Künstler gerne einmal vom persönlichsten Album ihrer Laufbahn sprechen, dabei am Ende doch nur bestenfalls an der Oberfläche kratzen, geht Bo Flower den konsequenten Weg. Bereits der Blick ins Booklet verrät die offene, ehrliche Art des Langspielers. Seite Eins besteht aus einer in vier Abschnitte unterteilte Willkommensrede, durch welche der Käufer unter anderem erfährt, dass sämtliche Fotografien, die man hier betrachtet, direkt aus dem Leben gegriffen und nicht Fotoshootings entnommen sind. Gerade heute, wo viel auf perfekt inszenierte, gekünstelte Hochglanzbilder gesetzt wird, wirkt dies überaus bodenständig und persönlich.

Persönlich ist auch das richtige Wort, um die inhaltliche Linie des Albums auf einen Nenner zu bringen. Die Liebe und die Gesellschaft als Kernthemen, schreckt Bo Flower nicht davor zurück, eigene Erlebnisse in seinen Stücken zu verarbeiten und sie der Welt mitzuteilen. Als Folge dessen haftet den Liedern etwas an, was den Zuhörer teilhaben lässt am Geschehen. Statt sich mit Hilfe von Fantasie in erzählte Ghetto-Dramen hineindenken zu müssen, wird man sich an seine Herz-Dame erinnert fühlen, den eigenen Wunsch vom Flüchten in sich spüren oder einfach nur zustimmend die Aussagen über unserer Gesellschaft zur Kenntnis nehmen.

„Kuck in die Welt“ ist beispielsweise einer jener gesellschaftlichen Analysen, die stets sehr nah den Stand der Dinge und damit die teils ernüchternde Wahrheit wiedergeben. Dabei aber einen allzu pessimistisch-depressiven Ton gekonnt umschiffen. „Nimm's Persönlich“ ist die musikalische Aufarbeitung des Jahres 2008, wie es Bo Flower selbst erlebt hat. Und „Wo Wo Wo“ der Track über die verloren gegangene Liebe, welcher nur wenig später in „Wunderschön“ oder „Niemals“ zwei Gegenstücke findet, die vom Glück in trauter Zweisamkeit sprechen. Egoabfahrten und Selbstbeweihräucherung sucht man bis Zuletzt vergebens.

Soundtechnisch zeigt sich, dass der gute Mann eine Neigung zu gesungenen und leicht bekömmlichen Hooks hat, die selten unangenehm aufstoßen, sondern sehr gut zum allgemein sehr hellen Klangbild passen. Kein Klingelton-Pop-Rap, aber eben auch nicht der staubtrockene Betondunst aus Metropolis. Rap aus Hamburg halt. Weshalb auch die ein oder andere an Auto-Tune erinnernde Gesangskosmetik, etwa auf „Halt Dich Fest“, nicht negativ auffallen, „Niemals“ sogar zu einem der stärksten Stücke des Albums machen.

Zugegeben, der Wechsel von Liebeslied über Gesellschaftskritik zurück zur Liebe gestaltet sich nicht immer ganz übergreifend und auch die reichlich vorkommenden Zeilen über die glückliche Zweisamkeit können etwas ermüden bzw. erfordern die richtige Stimmung. Setzt man sich jedoch näher mit Bo Flower auseinander, hat ein Herz für ehrliche Sätze und kein Problem, auf der dünnen Linie zwischen Kitsch und Gänsehaut umherzuwandern, findet man in „Flo Bauer“ ein überaus ordentliches Album, das gefällt.