Donnerstag, 29. März 2012

B.E. der Micathlet & Arves - Zeitlos




Immer wieder sprechen wir von teuren Autos, hübschen Frauen, massenhaft Luxusgüter und dergleichen, träumen vom ganz großen Geld, kurzum Erfolg. Dabei lässt sich nie mit Gewissheit sagen, dass es eines Tages dazu kommen wird – harte Arbeit hin oder her. So gibt es im Leben allgemein nur wenig, das sich mit Sicherheit sagen lässt. Wir kommen auf die Welt, beginnen unser Leben und kommen nach einer unbekannten Anzahl an Jahren an unser Ende. Oft ist es absehbar, hin und wieder jedoch völlig überraschend, was es ungleich tragischer macht. Eine dieser unvorhersehbaren Tragödien ereilte den Produzenten Arves, der vorliegendes Album produzierte, die Veröffentlichung jedoch leider nicht mehr miterleben durfte.Was bleibt ist die Erinnerung und im Falle von Arves ein sechzehn Stücke umfassendes Werk zum Abschied.

Ist man sich dieser Vorgeschichte erst einmal bewusst, so fällt es schwer, an das Album neutral heran zu gehen. Man hat die traurigen Bilder vor Augen, die Gedanken kreisen und man weiß nicht recht, was man von „Zeitlos“ erwarten soll, rechnet jedoch mit einem emotionalen, traurigen Album, aufgebaut auf düsterer Basis. Nun liegt es in der Natur der Sache, dass durchaus einige Songs vorhanden sind, die nicht auf die spaßige Tour daher kommen (allen voran der Titeltrack, in dem B.E. den Tod seines Freundes verarbeitet). Jedoch kann man das Album per se nicht als traurig abstempeln, sondern muss (oder vielmehr darf) die Erkenntnis machen, dass hier mehr als nur eine Facette in die 16 Stücke verwoben worden ist.

Beginnen wir mit der ernsteren Seite von „Zeitlos“. Da wäre das von einem bedächtig voranschreitenden, aber ungemein geschmackvollen, Beat getragene „Geschichten von Mama“, auf dem sich die Stimmen von Gast Karsten Burkardt und B.E. geradezu legen und zu einem großen Ganzen verschmelzen, das einen sehr guten Storyteller abgibt. „Daymares“ mit einer erst vierzehnjährigen Sängerin namens Concetta, das leicht verschachtelt daher kommt, zwischen Tagträumerei und klassischen Träumen wandert und von der Vergangenheit und Zweifeln spricht. Sowie „Kopf oder Herz“, auf dem B.E. der fast schon klassischen Frage auf den Grund geht, welcher Pfad der Bessere ist.

Dem gegenüber stehen Stücke wie „Alles Schlampen außer Mum“ oder „Bin Laden ist tot“, die irgendwo zwischen Ironie und Sarkasmus die Lachmuskeln anregen und schlicht gut unterhalten. Vor allem auf letzterem Track muss unbedingt B.E.s Performance gelobt werden, der einen wahnsinnigen Flow auspackt und diesen über den gesamten Track beibehält. Oder aber auf der Fortsetzung des „Diätsongs“ auf viereinhalb Minuten den Wahnsinn in gereimter Form von der Leine lässt, ohne auf eine Hook zurück zu greifen. Das ist ganz großes Kino und ganz nebenbei wird dabei deutlich, dass der gute Mann seit „Sein oder nicht sein“ noch einmal ordentlich zugelegt hat (skillstechnisch versteht sich).

Besonders interessant sind die Tracks bisweilen auch deshalb, weil man stets das Gefühl hat, B.E. möchte uns, auch auf den lustigen Songs, eine Botschaft vermitteln. „Klischees“, welches von einem komödiantischen Skit eingeleitet wird, beispielsweise. Vom Wesen her ein unangestrengt wirkender Song über typische Klischees und Schubladendenken, spricht sich der Micathlet für ein offenes Miteinander aus, wünscht, die vorherrschenden Klischees bei Seite zu legen, nur verzichtet dabei eben auf den altbekannten, erhobenen Zeigefinger.

Zu guter Letzt soll auch noch Arves hinreichend gelobt werden. Dessen Produktionen klingen frisch, sind immer abwechslungsreich und niemals langweilig, besorgen immer die passende, instrumentale Unterlage für die jeweiligen Themen und sind mit einer der tragenden Gründe, warum das Album als solches so gut funktioniert. Summa summarum also ein durchweg überdurchschnittliches Album, ein weiterer Schritt in die richtige Richtung für B.E. und ein überaus rundes, gelungenes Abschiedsgeschenk an einen zweifellos talentierten Beatmacher. Ruhe in Frieden, Arves.

Mittwoch, 28. März 2012

MoTrip - Embryo




Rap ist, da machen wir uns alle nichts vor, seit Jahren schon mehr Egoismus als Gruppenarbeit, mehr Ich denn wir und vor allem viel mehr dagegen als dafür. Man könnte gar soweit gehen und von einer fast durch und durch unsozialen Szene sprechen, die sich nur in den seltensten Fällen auf einen gemeinsamen Nenner einigen kann. Umso erfreulicher ist es demnach, wenn dieser höchst unerwartete Fall eintritt und wir zeuge von etwas sein dürfen, dass uns allen – realistisch formuliert: fast allen – gefällt und uns etwas bringt. MoTrip ist einer dieser Ausnahmeerscheinungen und bringt uns mit „Embryo“ sein Debüt und gemessen an seinen bisherigen Auftritten die berechtigte Hoffnung auf beste Unterhaltung gepaart mit hohem technischen Anspruch. Zu viel, für ein Debüt?

Zu Beginn kommt man jedenfalls nicht darum herum, MoTrip eine gewisse „Wunderkind“-Aura zuzugestehen. Natürlich ist dies ein überaus hochtrabender Begriff (insbesondere, da es mittlerweile schon einen sich in Reimenden ausdrückenden Säugling bedarf, um dieser Formulierung gerecht zu werden) , der beim gebürtigen Libanesen jedoch weitaus weniger Fehl am Platze wirkt, als sonst üblich. Wie sonst lässt es sich erklären, dass Trip, Baujahr 1988, ohne richtige Veröffentlichung bereits das Vertrauen von den Größten im Spiel genießen konnte. Savas, Sido, Samy,…sie alle fanden Gefallen an dem, was da aus dem gutbürgerlichen Aachen so dröhnte. Eine Stimme mit Wiedererkennungswert. Das Talent, sich in Reimen auszudrücken. Und dazu diese gute Portion Menschlichkeit, die so manchem Alibi-Nachwuchsrapper gut zu Gesicht stehen würde.

Nun mögen das gute Vorzeichen sein, jedoch keine Garantie dafür, dass alleine alles ebenso gut funktioniert, wie an der Seite von gestandenen Größen. Ein Feature oder gar ein Song sind eine Sache, ein ganzes Album, hier mit insgesamt 17 Anspielstationen, jedoch ein ganz anderes Kaliber. Dessen war sich MoTrip offenbar bewusst und entschied sich für den richtigen Opener: „Kennen“ ist ein dankbares Stück Rapmusik, ein Paradebeispiel für einen gelungenen Auftakt und die Vorzeigevisitenkarte schlechthin. Der Beat treibt ordentlich voran, die Sprüche fallen von Anfang an fast schon erschreckend locker und sicher, so dass es kein Wunder ist, dass schon im direkten Anschluss „King“ folgt. Selbstbewusstsein scheint hier vorhanden zu sein und bis dahin muss man attestieren, dass es hierfür genügend Gründe gibt.

Tatsächlich steigert sich MoTrip noch weiter, indem er den inhaltlich noch eher dünneren Stücken Lieder folgen lässt, die den Ansprüchen des Künstlers voll und ganz gerecht werden. Das ruhige „Die Frage ist wann“, das von akustischer Gitarre begleitete „Feder im Wind“ oder auch „Tagebuch“ – ehrliche, fesselnde und höchst unterhaltende Tracks, die ohne schmalzige Phrasen daher kommen. Und auch wenn zwischendurch vermeintlich einfach gestrickte Stücke wie „Kanacke mit Grips“ oder „Gorilla“ folgen, besteht kein Zweifel daran, das MoTrip in seinen Stücken gerne Wahres erzählt, seine Gedanken preisgibt und den Hörer teilhaben lässt, statt bloße Geschichten und Behauptungen in den Raum zu werfen.

Wo nun mancher Gefahr läuft, im (sehr guten) Standard zu verweilen, entpuppen sich auf „Embryo“ gleich drei besonders starke Tracks als Höhepunkte des Hörspiels. Zum einen der auf einem Kracherbeat stattfindende Dialog mit Gast Marsimoto auf „Triptheorie / Meine Rhymes & Ich“, zum anderen das emotional angreifende Titelstück (welches sich, wie das Intro auch, am Ende des Albums befindet) und „Wie die Zeit verrennt“. Hier bekommt man einen dramatisch wirkenden Beat auf die Ohren, eine hängen bleibende Hook und eine offen dargelegte Erkenntnis: „Als kleiner Junge träumte ich noch unbeschwert / Ich kannte keine Ängste, heute ist es umgekehrt“

Lange Rede, kurzer Sinn: „Embryo“ ist ein kleines Meisterwerk und in jeder Hinsicht außerordentlich gut. Seien es die sauberen Produktionen von Paul NZA und Numarek, die Sicherheit von Trip hinterm Mic oder einfach nur die wirklich überzeugenden Ergebnisse, die zu Stande kommen, wenn man diese beiden Komponenten vereint. Ein Debütalbum, das alle Türen öffnet, die Erwartungen und den Druck an weitere Werke MoTrips steigen und den Hörer lieben lässt, so dass dieser sich nach siebzehn Stücken dabei ertappt, wie er seine neueste Errungenschaft mit dem Kosenamen ‘Mein Baby’ in die Plattensammlung entlässt. Das ist „Embryo“.



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Diese Rezension erschien ebenfalls auf HipHopHolic.de

Dienstag, 27. März 2012

Sprachprobleme und ihre Lösungen

Man kennt das; als musikalisch vollkommen aufgeschlossener Mensch von Welt ist man immer auf der Suche nach neuen Erfahrungen. Wo der 0815-Hörer sich mit Rap auf Deutsch und Englisch begnügt, führt der Weg des vernarrten Hörers ungleich tiefer in den sprachlichen Dschungel der weit über 5.000 Sprachen der Erde. Von russischem über spanischem Rap reicht die Bandbreite bis zu afrikanischen Klängen und nicht selten fragt man sich, so sehr man den Klang als solches auch feiert, was denn da so von sich gegeben wird. Erzählt uns der gute Mann im Ohr da gerade auf Isländisch seine tiefsten, innersten Gedankengänge oder doch nur die Einkaufsliste für nächsten Dienstag?

Wer dann nicht das Glück hat, Muttersprachler dieser Region in seinem Freundeskreis zu haben, die ihm den Sachverhalt zumindest annähernd beibringen können, der hat heutzutage neben den herkömmlichen Büchern auch die Möglichkeit, diverse Internetseiten als Übersetzer zu nutzen, bekommt dort aber oftmals auch nur zusammengeschusterte Übersetzungen geliefert. So erging es auch mir erst kürzlich, als ich beim Hören einiger italienischer Platten an die Grenzen meiner sprachlichen Kompetenz angelangt war. Zu deutsch: ich hatte nicht den Hauch einer Ahnung, was mir der Kerl da mit seinen offensichtlichen Reimen erzählen will. Da es in meinem Falle von großer Bedeutung war, den Sachverhalt korrekt wiederzugeben, entschloss ich mich, auf professionelle Übersetzungen zu setzen, was sich im Nachhinein als lohnenswerte Investition herausstellte (Tipp: Übersetzungen Italienisch-Deutsch). Diese kosten zwar, gerade im beruflichen Wesen ist es jedoch schlicht fahrlässig, sich auf ungenaue Übersetzungen aus dem Internet zu verlassen.

Sonntag, 25. März 2012

Zwangsurlaub

Es ist schon eine gefühlte Ewigkeit her, seit ich das letzte Mal an dieser Stelle etwas geschrieben habe. Nicht, dass mir das Schreiben etwa keinen Spaß mehr bereiten würde. Lediglich ist es so, dass die Zeit geradezu rast und ich im jetzigen Moment keine Zeit finde, um mich ausführlich genug mit Musik zu beschäftigen.

Dies geht gar soweit, dass ich, mit Ausnahme meines vor Urzeiten beladenen MP3-Players, nahezu keine Musik mehr höre/hören kann (sei es zum privaten Vergnügen oder für meinen Blog), weil mir die Zeit fehlt. Das ist schade, das tut weh und soll aber bei bestem Willen kein Zustand von Dauer sein.

Weshalb ich diese Auszeit nehme und sie nutze. Ich muss zugeben, es ist irgendwo befreiend, seinen Kopf mal aus dem Musik- bzw. Rap-Kosmos heraus zu halten, nichts von all den Zankereien, den kurzweiligen Trends und so weiter und so fort mitzubekommen. Es fühlt sich etwas an wie Urlaub; man ist weit weg von all dem, was man schätzt, genießt aber zugleich eben diesen befristeten Abstand.

In diesem Sinne hoffe ich, dass wir uns hier in Kürze wieder aus den richtigen Gründen lesen.

Bis dahin,
Jai