Mittwoch, 23. Mai 2012

Xatar - 415 (Review)




Was mag nur in den Köpfen derer vorgehen, die den Namen Xatar noch niemals zuvor gelesen bzw. gehört haben?Ein stämmiger Kerl, der – Gefängnisaufenhtalt sei Dank – authentischer wirkt, als viele seiner Kollegen. Kann das als Rapper funktionieren, ohne automatisch an andere Beispiele, wie Massiv beispielsweise, in den Köpfen der Hörer aufzurufen? Wieder einer derer, der mehr über den Beat stolpert, denn fliegt und Musik mehr dem ‘coolen’ Ansehen halber macht und weniger der in sich herrschenden Leidenschaft für Silben, Reime und die Sprache an sich? Gedanken, die alles andere als abwegig wirken und teils sogar verständlich und nachvollziehbar wirken, angesichts des vorherrschenden Rufs von deutschem Straßenrap bzw. Gangsterrap, um dem Ganzen die Krone aufzusetzen.
Beginnen wir, ganz untypisch, mit den negativen Seiten von „415“. Da wäre zum einen die etwas drucklose Stimme des Künstlers (eingeschränkte Aufnahmemöglichkeiten sind hierfür keine Ausrede), zum anderen die Tatsache, dass es Xatar schlicht an dem ganz besonderen Etwas fehlt, das ihn unverkennbar macht. Sicher, er rappt mit teils durchwachsenem Flow noch immer besser, als die schlimmsten Befürchtungen und Erfahrungen, aber das wirklich Zwingende in seiner Vortragsweise fehlt schlicht und einfach. Auch im Hinblick auf die abgedeckten Themen herrscht geradezu gähnende Leere. Das immer gleiche Grundthema um Geld, Kriminalität und oberflächlichen Lebensweisheiten langweilt auf Dauer und gipfelt in einem äußerst fragwürdigen Track namens „Interpol.com“, den man nur als misslungene Promoaktion umschreiben kann und an kindliches Prahlen vor Freunden erinnert.
Für das Album sprechen vor allem die Features von Haftbefehl und Nate57. Besonders „Meine Welt“ mit dem Rattos Locos-Signing ist eine kleine Offenbarung und der mit Abstand besten Tracks des Albums, was auch am einnehmenden Instrumental liegt, womit gleich der zweite Pluspunkt Erwähnung findet. Erwartet man im Vorfeld mitunter überladene Synthie-Beats, die vom Rap ablenken sollen, entpuppen sich die Instrumentale als teils sehr schöne Adaptionen von US-amerikanischen Schöpfungen der Ost- bzw. Westküste. Stellenweise übernehmen die Beats gar die Hauptrolle und lassen Xatar nur den Platz in der zweiten Reihe, wie auf „Knast oder Kugel“.
Auch die Aufmachung der CD kann sich durchaus sehen lassen und weiß mit zahlreichen, offensichtlich originalen Ausschnitten aus Dokumenten und Papieren sehr zu gefallen und hebt sich angenehm von 0815-Bildern ab. Zwar kann dieser Umstand alleine das Ruder nicht rum reißen, den Gesamteindruck letztlich aber etwas angenehmer stimmen, der andernfalls doch etwas arg einseitig ausgefallen wäre, so noch auf halben Wege ausgeglichen daher kommt. Freilich ohne über eindeutige Negativaspekte hinwegzusehen.
„415“ ist ein oberflächliches Album, das bestenfalls für den Moment erdacht ist. Die Leistung von Xatar ist ordentlich, wird allerdings nicht selten von den sehr guten Instrumentals überschattet und wenn dies nicht der Fall ist, fallen einem direkt unseriöse Textfragmente ins Ohr (Bsp.: Kool Savas-Seitenhieb auf „Beifall“). Wer keinen Wert auf Inhalt legt und die pure Unterhaltung sucht, bekommt hier ein durchschnittliches Album auf überdurchschnittlichen Beats geliefert, das nicht im Entferntesten an die Entwürfe eines Haftbefehls heran reicht, für ein, zwei Durchläufe jedoch immer noch geeignet ist. Absolut kein Muss und höchstens für Fans interessant.




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Diese Rezension erschien ebenfalls auf HipHopHolic.de

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